Einführung in BIM: Ein strategisches Werkzeug für Bauprofis
Seit 2016 ist BIM in Großbritannien bei öffentlichen Projekten verpflichtend und hat dort Einsparungen von bis zu 20 % ermöglicht. Doch die Vorteile von BIM reichen weit über finanzielle Aspekte hinaus. Im Interview erklärt Frédéric Bastin, BIM-Berater bei Hager, wie diese Technologie die Baubranche revolutioniert.
Hallo Frédéric, danke für dieses Gespräch. Können Sie uns erklären, was BIM ist und warum es in der Baubranche so wichtig geworden ist?
F. – BIM, oder Building Information Modeling, ist eine digitale Methode, die die Planung, den Bau und das Management von Gebäuden integriert. Mithilfe spezialisierter Software werden alle baurelevanten Informationen über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes hinweg gesammelt und verwaltet. Dadurch wird BIM zu einer zentralen Datenquelle für alle Beteiligten – von Bauunternehmen über Architekten bis hin zu Ingenieuren und Herstellern. Diese intelligente Datennutzung erleichtert eine nachhaltigere und effizientere Bauweise.
Was sind die Hauptziele von BIM?
F. – BIM ist ein zentraler Bestandteil der Digitalisierung in der Baubranche. Es geht darum, Arbeitsprozesse zu vereinfachen, Planungen zu verbessern, präzisere Entscheidungen bei der Gestaltung zu treffen und gleichzeitig Kosten- und Terminsicherheit zu gewährleisten. Darüber hinaus hilft BIM, die Umweltbelastung zu reduzieren, indem es Gebäude energetisch optimiert. Alle Beteiligten – vom Bauherrn bis zum Handwerker – profitieren davon, da sie jederzeit auf relevante Informationen zugreifen können, um effizienter zu arbeiten.
BIM-Modellierung mit verschiedenen Farbkennzeichnungen zur Darstellung des Projektfortschritts.
Welche konkreten Vorteile bietet BIM für Projekte?
F. – BIM ermöglicht die Integration von Zeit- (4D) und Kostenaspekten (5D) in das Projektmanagement. So können Zeitpläne und Budgets präziser erstellt und überwacht werden. Im Jahr 2024 berichteten Unternehmen, die BIM 5D nutzen, von einer Reduktion der Budgetabweichungen um 12 % und einer pünktlichen Fertigstellung in 95 % der Fälle.
Ein Beispiel aus der Praxis: Unsere Kollegen in den Niederlanden nutzen BIM, um elektrische Anlagen zu installieren. Monteure aktualisieren den Arbeitsfortschritt direkt im digitalen Modell und stehen bei Bedarf in Echtzeit mit den Planungsbüros in Kontakt. Das sorgt für reibungslose Kommunikation, optimierte Abläufe und termingerechte Fertigstellungen.
Darüber hinaus unterstützt BIM die Nachhaltigkeit. Mithilfe von thermischen Simulationen und Lebenszyklusanalysen lassen sich Umweltauswirkungen bewerten und die Energieeffizienz maximieren. Auch die Materialnutzung wird optimiert, wodurch Abfälle reduziert und die Umwelt geschont wird.
Gibt es Missverständnisse rund um BIM?
F. – Häufig wird angenommen, dass BIM komplex, teuer oder nur für Großprojekte geeignet ist – das stimmt jedoch nicht. Natürlich erfordert die Einführung Investitionen in Software und Schulungen, aber die langfristigen Vorteile überwiegen bei weitem. Zudem ist BIM skalierbar und kann für kleinere Bauvorhaben ebenso wie für große Infrastrukturprojekte eingesetzt werden.
Ein weiteres Missverständnis ist, BIM lediglich als 3D-Planungswerkzeug zu sehen. Tatsächlich handelt es sich um eine umfassende Datenbank, die technische Informationen zentralisiert. Die anfängliche Anpassung kann eine Herausforderung sein, aber die Werkzeuge werden immer benutzerfreundlicher, und es gibt zahlreiche Hilfsmittel, um Unternehmen bei der Einführung zu unterstützen. Die Einsparungen durch weniger Fehler, optimierte Kosten und vereinfachte Wartung machen die Investition schnell wett.
3D-BIM-Modell der Rohrleitungssysteme eines Gebäudes.
Welche Herausforderungen gibt es bei der Einführung von BIM?
F. – Zu den größten Hürden gehören die Anfangskosten für Software, die Schulung der Mitarbeitenden und die Anpassung der IT-Infrastruktur. Auch die Zurückhaltung von Fachleuten, die an traditionelle Arbeitsweisen gewöhnt sind, kann ein Hindernis sein. Hinzu kommen Lücken in der Ausbildung, da BIM in vielen Studiengängen noch nicht umfassend behandelt wird. Zudem entwickeln sich die Standards in diesem Bereich sehr schnell weiter, was die Implementierung erschweren kann.
Wie integriert sich BIM mit Technologien wie KI, IoT oder virtueller Realität?
F. – BIM wird zunehmend mit fortschrittlichen Technologien wie Extended Reality (VR/AR), künstlicher Intelligenz (KI), dem Internet der Dinge (IoT) und 3D-Druck kombiniert. Diese Verknüpfung verbessert die Visualisierung von Projekten, die modulare Vorfertigung, die Energieeffizienz und die vorausschauende Wartung. Gemeinsam helfen diese Technologien, Prozesse zu optimieren, Bauzeiten zu verkürzen und sowohl Nachhaltigkeit als auch das Nutzererlebnis zu verbessern.
Eine Person nutzt Augmented Reality, um den Status eines Projekts mithilfe von BIM zu überprüfen.
Über Frédéric Bastin:
Seit 2020 bringt Frédéric Bastin seine Expertise im Bereich BIM und Innovation in das Hager-Team ein. Als Mitglied von Fachverbänden wie Gimelec, Ignes und Building Smart gestaltet er aktiv die Zukunft der Baubranche mit.