Hager Group: Wegbereiter der Energiewende im Gebäudesektor

04. Juni 2024

Investitionen - Hager hat seine Produktion von Verteilerschränken in Blieskastel massiv erweitert. Der Grund: Die Sicherungskästen haben sich längst zu Technikzentralen gemausert – die überall gebraucht werden.

Am Ende, wenn alle Schaltelemente verschraubt und alle Kabel gezogen sind, fragt Sandra Bayer immer den schlauen Klaus. „Hab ich einen Fehler gemacht, zeigt mir der Klaus, wo“, sagt die Montage - Mitarbeiterin. Klaus – das ist ein Computer, der aussieht wie eine beleuchtete Arbeitsplatte.

Auf ihn legt Bayer die fertig montierte Bodenplatte eines Verteilerschranks. Klaus scannt das Teil mit seiner Kamera ab – und gibt schnell grünes Licht: Alles am richtigen Platz!

 

Angestellte, die auf den Bildschirm starrt

Antonia Sitner legt ein fertig montiertes Teil dem „schlauen Klaus“ vor – einem Computer, der es mit einer Kamera abscannt.

Das Unternehmen hat rund 40 Millionen Euro investiert

Dieser „schlaue Klaus“ ist nagelneu, genauso wie vieles andere im Werk des Elektrotechnik- Spezialisten Hager in Blieskastel. Rund 40 Millionen Euro hat das Familienunternehmen gerade in seiner saarländischen Zentrale investiert. 28 neue Maschinen wurden angeschafft. Warum diese große Investition am Standort? 

Um diese Fragen zu beantworten, erklärt Stefan Frevel, Vertriebsleiter Hager Deutschland: „Hager ist im Gebäudesektor ein Wegbereiter der Energiewende“.

 

Stefan Frevel, Hager Group Vertriebsleiter Deutschland

Stefan Frevel, Hager Group Vertriebsleiter Deutschland


„Unsere Vision ist, dass wir die elektrische Welt von morgen mitgestalten.“
Die Welt elektrisch gestalten – das macht Hager seit seiner Gründung im Jahr 1955. Die Erfolgsformel des Familienunternehmens ist einfach: Jedes moderne Gebäude braucht Strom – und der kann ohne Verteilerschränke, Schutzschalter und andere Technik nicht sicher gesteuert werden. Heute ist die Hager Group in über 100 Ländern aktiv und hat Werke in zehn Ländern, darunter Deutschland, Frankreich, Polen, Spanien und Italien. Allerdings: 40 Prozent des Umsatzes macht der Konzern weiterhin in Deutschland.

Hier im Saarland sowie im Schwesterwerk im französischen Obernai entsteht das bei Weitem bekannteste Hager- Produkt: der Verteilerschrank. Es gibt ihn in den verschiedensten Größen und Formaten, ob aus Metall (für den deutschen Markt) oder aus Kunsttsoff (die in Frankreich bevorzugte Variante). Will man verstehen, warum Hager speziell die Fertigung dieser Produkte so aus - weitet, muss man sich dieses
große Stück Sicherheitstechnik – das bei uns in jedem Gebäude vorgeschrieben ist – einmal genauer anschauen.

„Früher mussten Verteiler nur Strom zählen und Leitungen schützen“, erklärt Frevel. Vor rund 40 Jahren kam dann der Fehlerstrom-Schutzschalter hinzu: Er kann vor einem Stromschlag bewahren, etwa,
wenn ein Kind mit der Hand in den Toaster greift. „Heute müssen Verteiler aber noch weit mehr leisten.“ Denn immer mehr Gebäude erzeugen im Zuge der Energiewende inzwischen selbst Strom per Solaranlage. Hinzu kommen neue

Großverbraucher wie Wallboxen oder Wärmepumpen, außerdem Glasfaser-Anschlüsse und Smarthome-Anwendungen. All diese Kabel (und die Software dazu) laufen heute im Verteiler zusammen: „Aus dem Zählerschrank von einst ist eine Technikzentrale geworden“, sagt Frevel. Und dieses elektrische Herz der Energiewende schlägt in Zukunft nicht nur standardmäßig in Neubauten. Auch im Bestand rüsten Immobilienbesitzer und Betriebe ihre Gebäude Stück für Stück nach.

 

Die neuen Maschinen haben die Handarbeit nicht verdrängt

Wie Hager auf diese gestiegene Nachfrage reagiert, sieht man in den Werkhallen in Blieskastel. Wo vor Kurzem noch breite Gänge zwischen den Produktionslinien waren, sind die 25.000 Quadratmeter Fläche heute „ausgesprochen eng bestückt“, wie Werkleiter Ingo Strassburger es formuliert.
 

Werksleiter der Hager Group Ingo Strassburger

Die Abdeckung eines Verteilerfelds: „Wir haben eine extrem hohe Fertigungstiefe“, erklärt Werkleiter Ingo Strassburger.


Die neuen Anlagen – größtenteils Spritzguss-Maschinen – sind nämlich nicht nur im laufenden Betrieb aufgebaut worden, sondern auch auf dem vorhandenen Platz. Mensch und Maschine müssen also eng zusammenarbeiten. Aber das klappt hier schon seit Jahrzehnten gut – wie man an einer älteren Anlage sieht, die fast ein Viertel der Werkhalle einnimmt: Vorn legt ein Mitarbeiter Blech von einem Stahl-Coil auf, hinten kommt ein fertiges Schrankgehäuse raus. Zwischendurch schneidet, schweißt und biegt die Maschine das Blech in Form – ein „Wunderwerk des Ingenieurwesens“, so Strassburger.

„Wir produzieren hier rund 350.000 Schränke im Jahr, der Rekord liegt bei 10.000 pro Woche.“ Nach wie vor gebe es aber auch viele reine Handarbeitsplätze, wie der Werkleiter betont. Das Innenleben der Verteiler etwa mit seinen Kabeln und Schaltern werde weiterhin von Hand produziert.

Alle Kunststoffteile dafür werden von Hager selbst gefertigt und anschließend von Mitarbeitern wie Sandra Bayer montiert. Die 43-Jährige mag ihren Job – auch, weil die Produkte, die sie fertigt, so nützlich sind.
„Wenn ich jemandem erklären soll, was ich bei Hager mache, dann sag ich: Verteiler. Wenn dir demnächst mal die Sicherungen rausfliegen, darfst du also an mich denken!“

 

Mitarbeiterin der Hager Group

Schaltelemente und Kabel: Sandra Bayer montiert das Innenleben eines Verteilerschranks.

 

Hager Group Produktionsstandort Blieskastel

Förderband in die Lackierung: Die Metallgehäuse werden mit einer speziellen Pulverbeschichtung weiß lackiert.


Text: Michael Aust, Wirtschaftszeitung aktiv
Fotos: Oliver Dietze


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